Arbeitsstelle Theologie der Friedenskirchen
Die Arbeitsstelle Theologie der Friedenskirchen (ATF) ist eine seit dem Sommersemester 2006 bestehende Einrichtung der Universität Hamburg im Fachbereich Evangelische Theologie.
Ihre Aufgabe besteht schwerpunktmäßig in der systematisch-theologischen Erforschung, Durchdringung und Weiterentwicklung einer Theologie der Friedenskirchen im weitesten Sinne. Sie untersucht diese im Kontext Ökumenischer Theologie und ökumenischer Fragestellungen. In der Lehre werden Inhalte dieses Forschungsbereiches im größeren Zusammenhang der Systematischen Theologie vermittelt. Prüfungsleistungen können entweder in der Systematischen Theologie oder in MÖR angerechnet werden, wenn dies so ausgewiesen ist.
Als "Historische Friedenskirchen" gelten zunächst jene protestantischen Freikirchen, die Gewaltfreiheit als ein Merkmal ihrer ekklesialen Identität nennen; "historisch", weil es sich hierbei um kirchliche Traditionen handelt, deren Wurzeln weit in die Kirchengeschichte zurückreichen: die Mennoniten (älteste evangelische Freikirche, hervorgegangen aus der Täuferbewegung der Reformation im 16.Jh.) und die Church of the Brethren (hervorgegangen aus dem Pietismus des 18.Jh.), sowie die Gesellschaft der Freunde (auch "Quäker" genannt, hervorgegangen aus dem englischen Puritanismus im 17.Jh.).
Gewaltfreiheit ist in diesen Traditionen nicht nur wesensmäßiges Element einer theologischen Ethik, sondern zugleich ein "regulatives Prinzip" allen theologischen Nachdenkens. Daraus ergeben sich genuine theologische Aussagen und Zusammenhänge zu den Hauptthemen Gottesbild, Christologie, Ekklesiologie. Dies bleibt nicht ohne Folgen für die Interpretation weitere theologischer Loci. Theologie und Ethik finden eine enge Verschränkung und das Missionsverständnis - im Sinne einer Verantwortung in der Gesellschaft - ist geprägt von der christlichen Werteorientierung und Lebenspraxis (Nachfolge Jesu) einer sichtbaren Kirche.
International beteiligt sich die Arbeitsstelle an verschiedenen Studien im Rahmen der ökumenischen "Dekade zur Überwindung von Gewalt. 2001-2010" des Weltrates der Kirchen (ÖRK), sowie an einer vernetzten, ökumenischen Zusammenarbeit mit Theologischen Fakultäten verschiedenster Konfessionen.
In ihrer interdisziplinären Ausrichtung sucht sie auch den Austausch mit nicht-theologischen Fachdisziplinen und anderen Instituten, insbesondere dem Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg, dem katholischen Institut für Theologie und Frieden in Hamburg, sowie dem Mennonitischen Friedenszentrum Berlin. Aus der Kooperation mit anderen Instituten entstand die Initiative "Friedensbildung/ Peacebuilding der Universität Hamburg", die für Studierende ein einjähriges Curriculum im Bereich Friedensbildung / Peacebuilding anbietet.
Leiter der Arbeitsstelle ist Prof. Dr. Fernando Enns, Professor für Theologie und Ethik an der Freien Universität Amsterdam, der seit dem 01.05.2018 eine W3 Stiftungsprofessur (50%) für Theologie der Friedenskirchen im Angestelltenverhältnis inne hat. Dr. Marie Anne Subklew ist als wissenschaftliche Geschäftsführerin und Julia Freund als wissenschaftliche Angestellte für die ATF tätig.
Die Gründung der Arbeitsstelle geht auf eine Initiative von Dr. h. c. Annelie Kümpers-Greve (* 16. Januar 1946; † 11. März 2017) zurück. Die Finanzierung erfolgte in den ersten fünf Jahren durch die "Hamburgische Stiftung für Wissenschaften, Entwicklung und Kultur Helmut und Hannelore Greve". Seit 2011 finanziert die Stiftung der Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden (AMG) in Deutschland die ATF. Der Freundeskreis der Arbeitsstelle Theologie der Friedenskirchen wird von Dr. Sigrid Wiebe geleitet.
Seit 01. April 2017 wird die wissenschaftliche Erforschung der Friedenstheologie an der Universität Hamburg weitergeführt, die Finanzierung durch die Förderstiftung der AMG auf Jahre hinaus gesichert.
Presseartikel hier: Evangelische Zeitung (PDF) und Pressemitteilung EKD (PDF)
Radiosendung u.a. zu Perspektiven für den Strafvollzug aus mennnonitischer Sicht mit Fernando Enns
Pressemitteilung: In ‚Sicherheit für alle‘ investieren – statt in ‚nukleare Teilhabe‘ (PDF)
Porträt Fernando Enns in Evangelische Zeitung 05/2023
Rede von Fernando Enns auf dem Evangelischen Kirchentag 2023