Am 16. November 2025 verstarb nach langer schwerer Krankheit Frau Professorin Dr. theol. Inge Mager, geb. Dudda im Alter von 84 Jahren. Die Universität Hamburg, die Fakultät für Geisteswissenschaften und der Fachbereich Evangelische Theologie verlieren mit ihr eine herausragende Forscherin und engagierte Hochschullehrerin sowie eine Persönlichkeit, deren Wirken und zwischenmenschliche Kommunikation von Feinsinn und Gedankenschärfe, Nachdenklichkeit und kritischem Nachfragen, Zugewandtheit und Empathie geprägt war.
Inge Mager wurde am 11. Dezember 1940 in Honigfelde (Westpreußen, Kreis Stuhm) geboren. Nach der im Januar 1945 angetretenen Flucht und der im Landkreis Rotenburg in Niedersachsen verbrachten Schulzeit studierte sie in den Jahren 1960 bis 1966 Evangelische Theologie in Berlin, Tübingen und Göttingen und legte 1966 das Erste Theologische Examen bei der Hannoverschen Landeskirche ab (Zweites Examen 1979, Ordination 1990). 1969 wurde Inge Mager in Göttingen mit einer bis heute grundlegenden Arbeit über „Georg Calixts (1586–1656) theologische Ethik und ihre Nachwirkungen“ zur Dr. theol. promoviert. In den Jahren 1970 bis 1982 legte sie in fünf umfangreichen Bänden eine kritische Edition zentraler lateinischer Texte dieses auf interkonfessionellen Ausgleich bedachten frühneuzeitlich-lutherischen Theologen vor, was bezüglich der sorgsamen editorischen Erschließung von Schriften protestantischer Schlüsselautoren des 17. Jahrhunderts eine Pionierleistung war. 1986 habilitierte sich Inge Mager mit einer von stupender Gelehrsamkeit zeugenden Arbeit über „Die Konkordienformel im Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel. Entstehungsbeitrag, Rezeption, Geltung“ in Göttingen für das Fach Kirchengeschichte, es folgte die Verleihung der venia legendi.
1987 wurde Inge Mager zur Professorin sowie zur Leiterin der Abteilung für Niedersächsische Kirchengeschichte an der Theologischen Fakultät Göttingen ernannt. 1993 wurde sie auf die C4-Professur für Kirchen- und Dogmengeschichte (Schwerpunkt Mittelalter und Reformation) an die Universität Hamburg berufen. Am Fachbereich Evangelische Theologie war sie die zweite hauptamtliche Professorin – nach Marie-Louise Henry [1911–2006], die bereits 1976 emeritiert worden war. Hier forschte und lehrte Inge Mager bis zu ihrer Emeritierung 2003, betreute zahlreiche Abschlussarbeiten und Promovend/innen und hatte von 2001 bis 2003 das Amt der Dekanin des Fachbereichs inne – in einer Zeit, in der das universitätspolitische Fahrwasser alles andere als ruhig war.
Nach ihrer Emeritierung setzte Inge Mager ihre Forschungsarbeiten mit nochmals neuem Elan fort, erschloss sich neue Arbeitsfelder und Fragestellungen und wirkte an zahlreichen auf Interdisziplinärität bedachten wissenschaftlichen Veranstaltungen mit, insbesondere auch an solchen der sich an der 2004 gegründeten Fakultät für Geisteswissenschaften zusehends entwickelnden Hamburger Frühneuzeitforschung.
Inge Magers Publikationen betreffen Themen des 16. bis 20. Jahrhunderts mit deutlichen Schwerpunkten im 16. und 17. Jahrhundert; ihre äußerst zahlreichen, von höchst ausgeprägter Gelehrsamkeit, historisch-philologischer Akribie und hohem theologischen Urteilsvermögen zeugenden Arbeiten befassen sich mit einem sehr breiten Portfolio an Themen: Von der Reformations- bis zur kirchlichen Frauengeschichte, von Katharina von Bora bis hin zu den niedersächsischen Frauenklöstern und Damenstiften, von der Theologie- und Kirchengeschichte im engeren Sinne bis hin zur Frömmigkeitsgeschichte der Frühen Neuzeit (z. B. Johann Arndt) und zur Hymnologie (Martin Luther, Psalmlied, Paul Gerhardt, Johann Rist u. a.), von Vertreterinnen der sog. Erweckungsbewegung (Amalie Sieveking und Elise Averdieck) bis hin zu August Marahrens, von der Territorialkirchengeschichte (inbesondere Niedersachsens und Hamburgs) bis hin zur Universitätsgeschichte im sog. Dritten Reich. Von 1992 bis 2014 war Inge Mager leitende Herausgeberin der Reihe „Studien zur Kirchengeschichte Niedersachsens“ sowie von 1991 bis 2016 des „Jahrbuchs der Gesellschaft für niedersächsische Kirchengeschichte“, für das sie zudem zahlreiche Aufsätze und Rezensionen verfasste. Ihre letzten größeren Publikationen sind die 2019 erschienene „Hiddinger Schulgeschichte 1780–1969“, mit der sie derjenigen Zwergschule ein Denkmal setzte, an der sie in der Nachkriegszeit ihre Grundschulphase verbracht hatte, und die Edition von Johann Arndts „Sämtlichen Leichenpredigten und Trostschriften“ (2024), welche Inge Mager krankheitshalber nicht mehr selbst zu vollenden vermochte. Die Fakultät für Geisteswissenschaften und der Fachbereich Evangelische Theologie gedenken ihrer verstorbenen Kollegin mit großer Dankbarkeit, verneigen sich vor ihr und werden ihr ein ehrendes Andenken bewahren. Möge sie ruhen in Frieden und nach der Auferstehung am lieben Jüngsten Tag mit uns gemeinsam schauen, was sie geglaubt hat.
Univ.-Prof. Dr. Johann Anselm Steiger,
Prodekan für Forschung der Fakultät für Geisteswissenschaften,
Geschäftsführender Direktor des Instituts für Christentumsgeschichte des Fachbereichs Evangelische Theologie