Frieden schaffen - mit Waffen oder mit Worten?Kolumbien
13. August 2023, von Doris Franzbach
Foto: ATF
Bericht MennoForum „Frieden Schaffen ohne Waffen? – Der Friedensprozess in Kolumbien“ 2. Juni 2023
Daniel Barone & Friederike Willhoeft
Das zweite MennoForum zur Frage nach Krieg und Frieden angesichts aktueller Konflikte bot neben einem Perspektivwechsel auch ein Experiment – ist es möglich, Gäste aus Kolumbien so an der Veranstaltung teilnehmen zu lassen, dass es kein Reden über den Friedensprozess, sondern ein Gespräch mit beteiligten Personen werden kann?
Aus technischer Perspektive war das MennoForum ein voller Erfolg, denn neben den Anwesenden in der Gemeinde nahmen noch circa 60 Personen aus aller Welt, viele von ihnen aus Kolumbien, digital an der Veranstaltung teil.
Auch die Redner*innen waren teilweise auf dem grünen Sofa der Gemeinde, teilweise darüber auf der Leinwand zu sehen und ermöglichten einen vielfältigen Blick auf die konfliktreichen Jahrzehnte des Bürgerkrieges in Kolumbien, aber auch auf die Hoffnung des nun stattfindenden Friedensprozesses.
Es diskutieren folgende Gäste digital und in der Mennonitengemeinde: Alske Freter, Abgeordnete der Grünen in der Hamburgischen Bürgerschaft und Sprecherin für Europa, Internationales und Städtepartnerschaften, Alexander Klüken von Peace Brigades International, Humberto Shikiya, Direktor vom Center for Reflection and Social Action in Argentinien, Jenny Neme, Koordinatorin des kolumbianisch-französischen Netzwerkes „Vamos por la Paz“ und Mitglied des Ausschusses für Frieden der Mennonitischen Kirche in Kolumbien, Blas Garcia, mennonitischer Pastor aus Kolumbien und Dr. Andrés Pacheco Lozano von der Arbeitsstelle Theologie der Friedenskirchen.
Durch eine Videobotschaft von Danilo Rueda, dem Hochkommissar für Frieden der kolumbianischen Regierung und dem nationalen Koordinator der „Zwischenkirchliche Kommission für Gerechtigkeit und Frieden“ (Comisión Intereclesial de Justicia y Paz, CIJP) wurde die Vielschichtigkeit des Konflikts in Kolumbien und die Vielzahl an bewaffneten Konfliktparteien deutlich. Auch die anderen Redner*innen schilderten eindrücklich die Komplexität der Situation und die Schwierigkeit, nachhaltige Lösungsstrategien aus der Gewalt heraus zu finden.
Es wurde deutlich, dass der Weg zu einem Ende der Waffengewalt und zum Frieden umfassender Neustrukturierungen in Kolumbien bedarf, die sich etwa auf die Wirtschaft, auf die Landverteilung, auf strukturelle Kriminalität oder Steuerreformen beziehen. Dabei kam auch das energie- und wirtschaftspolitisch motivierte Interesse anderer Staaten am Friedensprozess in Kolumbien zur Sprache, welches sich beispielsweise durch Besuche von Bundeskanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck in Kolumbien zeigte. Die Frage nach (neo-)kolonialen Strukturen, die sich auf verschiedensten Ebenen auffinden ließen, könne in diesem Zusammenhang nicht außer Acht gelassen werden.
Insgesamt zeigte sich am Beispiel des Friedensprozesses in Kolumbien eindrücklich, dass Frieden nicht ohne Gerechtigkeit gedacht werden kann und umfassende Veränderungen auf allen gesellschaftlichen Ebenen notwendig sind, damit ein Frieden auch langfristig etabliert werden kann und nicht nur eine kurze Atempause von der Waffengewalt darstellt. Neben dieser Dimension des Friedensprozesses und der Herausforderung, für mehr Gerechtigkeit zu sorgen, ist auch die Frage der Versöhnung zwischen den Konfliktparteien ein zentrales Anliegen. Insbesondere in diesem Aspekt könnte eine Aufgabe für kirchliche Akteur*innen liegen, ausgehend von der christlichen Versöhnungsbotschaft einen Beitrag zum Friedensprozess zu leisten, wie der mennonitische Pastor Blas Garcia betonte. Die Schwierigkeit läge jedoch darin, dass auch zwischen den unterschiedlichen Kirchen in Kolumbien keine Einigkeit herrsche. Während beispielsweise die mennonitischen Gemeinden eine Handlungsaufforderung zu Frieden und Versöhnung in Kolumbien wahrnehmen, gäbe es wiederum Kirchen aus dem ultrakonservativen, evangelikalen Spektrum, die Einfluss auf das politische Klima in Kolumbien nehmen.
Eindrücklich war außerdem der Bericht von Alexander Klüken von den Peace Brigades International, der von Einsätzen in Kolumbien berichtete, mithilfe derer von Gewalt bedrohte Menschen und Aktivist*innen durch unbewaffnete, internationale Freiwillige geschützt werden und auf diese Weise an vielen Orten einen wichtigen Beitrag zur Friedensstiftung leisten.