Tagungsbericht„Demokratie unter Druck: Affekte, Konflikte und die Faszination des Autoritären“(29./30.09.2025, Hamburg)
6. Oktober 2025, von Geschäftszimmer Praktische Theologie

Foto: UHH/ Wolfgang Hasselmann
Am 29. und 30. September 2025 veranstaltete das Institut für Praktische Theologie in Kooperation mit der Evangelischen Akademie der Nordkirche (Hamburg) eine interdisziplinäre Fachtagung zum Thema: „Demokratie unter Druck: Affekte, Konflikte und die Faszination des Autoritären“. 15 Wissenschaftler:innen aus verschiedenen gesellschafts- und religionsbezogenen Disziplinen stellten einschlägige Forschungen zu aktuellen Herausforderungen der Demokratie zur Diskussion. Viele interessierte Teilnehmer:innen aus verschiedenen zivilgesellschaftlichen Kontexten nahmen ebenfalls an den Gesprächen im Warburg-Haus teil.
Drei miteinander verknüpfte Themenkomplexe standen im Mittelpunkt der Tagung:
1. Faszination des Autoritären: Wie erklärt sich der aktuelle Zuspruch für autoritäre Politik und populistische Akteur:innen, gar solche der extremen Rechten? Wie verhalten sich Vorstellungenreligiöser Autorität zu Konzepten und Phänomenen politischen Autoritarismus‘? Welche Konvergenzen und Divergenzen bestehen zwischen religiösem und politischem Autoritarismus?
2. Konflikte in der Demokratie: Gegenwärtig verschärfte Konfliktlagen sowie (empfundene) Polarisierungen in Gesellschaften − u.a. im Hinblick auf sich zuspitzenden Konflikte im Zusammenhang mit Fragen sozialökologischer Transformation − stellen eine Herausforderungenan deliberative Demokratiemodelle dar. Wie können sich demokratische Institutionen auf diese gesellschaftlichen Dynamiken einstellen? Welche Beteiligungsinnovationen sind notwendig und möglich? Wie sind politische Partizipation und Entscheidungsprozesse unter veränderten Bedingungen möglich?
3. Affekte und Emotionen als Dimension des Politischen: Charakteristisch für aktuelle politische Auseinandersetzungen ist ein Typus von Affektpolitik, der Affekte und Emotionen als wirkmächtige Mobilisatoren politischer Interessen nutzt. Wie verhalten sich aus emotionstheoretischer Sicht Emotio und Ratio in der politischen Kommunikation zueinander? Welche Rolle spielen Emotionen für das Politische?
In den Beiträgen religionsbezogener Disziplinen wurden die Ambivalenzen von Religion und Religiosität für demokratische Kulturen beleuchtet. Es wurde deutlich: Einerseits braucht es für soziale Kohäsion in einem gemeinwohlorientierten Sinne positive Erzählungen, zu denen Religionen einen positiven Beitrag leisten können. Andererseits bergen religiöse Topoi und Konflikte ein erhebliches antidemokratisches Mobilisierungspotenzial, das von autoritären und populistischen Akteur:innen genutzt wird.
In Kooperation mit der ZEIT-Stiftung Bucerius vertiefte die abendliche öffentliche, außerordentlich gut besuchte Podiumsdiskussion im Helmut-Schmidt-Auditorium der Bucerius Law School das Thema „Demokratie unter Druck“. Im Zentrum der Diskussion stand die Frage: „Wie weiter mit der Demokratie?” Unter Moderation von Heinrich Wefing (DIE ZEIT) diskutierten auf dem Podium die Politikwissenschaftlerin Prof. Dr. Jeanette Hofmann, der Historiker und Publizist Ilko-Sascha Kowalczuk sowie die Bevollmächtigte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union Dr. Anne Gidion.
Die Komplexität gegenwärtiger (welt-)politischer Herausforderungen für demokratische Kulturen wurde ebenso deutlich wie die Dringlichkeit ihrer Bearbeitung.
Gefördert wurden Tagung und öffentliche Abendveranstaltung von der ZEIT-Stiftung Bucerius, der Evangelischen Akademie der Nordkirche und dem Förderverein Theologie am Tor zur Welt.
Prof. Dr. Kristin Merle, Junior-Prof. Dr. Felix Roleder, PD Dr. Jörg Herrmann
Zum Nachlesen finden Sie das Tagungsprogramm hier.