Nachruf zum Tode von Prof. Dr. Gerhard Sellin
26. September 2017, von Simon Eckhardt
Nachruf zum Tode von Prof. Dr. Gerhard Sellin
05. 10. 1943 - 13. 09. 2017
Der Fachbereich Evangelische Theologie der Universität Hamburg und das Institut für Neues
Testament trauern um Prof. Dr. Gerhard Sellin, seinen langjährigen Professor für Neues Testament.
Er verstarb am 13. September 2017 nach langer Krankheit im Kreis seiner Familie im
Alter von fast 74 Jahren.
Gerhard Sellin, in Ratzeburg in ein Pfarrhaus geboren, studierte Evangelische Theologie in
Hamburg, Heidelberg und Kiel. In Münster, wo er nach dem Ersten Theologischen Examen als
Assistent wirkte, wurde er 1973 promoviert mit Studien zu den großen Gleichniserzählungen
des Lukas-Sonderguts. 1981 habilitierte er sich dort mit einer Arbeit über Der tote Adam und
der belebende Geist , die 1986 veröffentlicht wurde unter dem Titel Der Streit um die Auferstehung
der Toten. Eine religionsgeschichtliche und exegetische Untersuchung von 1 Korinther
15 (FRLANT 138) . Gerhard Sellin begann seine Lehrtätigkeit als Professor für Neues Testament
an der Universität Oldenburg. Von 1992 bis zu seiner Emeritierung 2009 wirkte er als
Professor für Neues Testament und spätantike Religionsgeschichte am Fachbereich Evangelische
Theologie der Universität Hamburg. 2008 legte er seine bedeutende Kommentierung des
Epheserbriefs vor: Der Brief an die Epheser (KEK 8), Göttingen 2008. Zwei Sammlungen seiner
wichtigen Aufsätze wurden durch Dieter Sänger herausgegeben: Studien zu Paulus und zum
Epheserbrief , Göttingen 2009, und Allegorie – Metapher – Mythos – Schrift. Beiträge zur religiösen
Sprache im Neuen Testament und in seiner Umwelt , Göttingen 2011.
Die Titel seiner Werke zeigen die Schwerpunkte seiner Arbeit: Die Gleichniserzählungen und
die Adaption literaturwissenschaftlicher Fragestellungen für die Exegese sowie die Paulusbriefe
und ihr situativer und religionsgeschichtlicher Zusammenhang. Als Experte für Philo
von Alexandrien und die antike Religionsgeschichte gelang es Gerhard Sellin, die jüdischhellenistischen
Hintergründe des Epheserbriefs aufzuzeigen, wie er ähnliches Denken auch in
der korinthischen Gemeinde vermutet hatte. Bei alledem war Sellin nicht nur ein exakter Phi-lologe des Griechischen und profunder Kenner der antiken jüdischen und paganen Literatur. Er besaß besonderen Sinn für Lyrik und Sprachwitz und er dichtete selbst sprachspielerisch. Seine Gedichte wurden gleichfalls veröffentlicht, etwa unter dem Titel „Klopfkopf“ (1981).
Wer das Glück hatte, Gerhard Sellin persönlich zu kennen, hat ihn geschätzt: Freundlich, warmherzig, oft zu einem Scherz aufgelegt. Durch seine Arbeiten zum Neuen Testament, sei-ner Sprache und Welt wird er uns in guter Erinnerung bleiben.
Der Fachbereich Evangelische Theologie und das Institut für Neues Testament gedenken sei-nes verstorbenen Professors Gerhard Sellins mit Wehmut und großer Dankbarkeit.
Prof. Dr. Barbara Müller- Sprecherin des Fachbereichs Evangelische Theologie
Prof. Dr. Martina Böhm- Institut für Neues Testament
Prof. Dr. Christine Gerber- Institut für Neues Testament