Univ.-Prof. (em.) Dr.Dr. h.c. Klaus Koch feiert seinen 90. Geburtstag
4. Oktober 2016, von Simon Eckhardt
Der renommierte Hamburger Alttestamentler Klaus Koch begeht am 4.10.2016 seinen 90. Geburtstag. Koch lehrte mit einer zweijährigen Unterbrechung von 1957 bis zu seiner Pensionierung an der Universität Hamburg, zuvor war er Assistent bei Gerhard von Rad in Heidelberg, Pfarrer in Jena-Prießnitz und Dozent in Erlangen. Seit seiner Dissertation (1953) über die hebräische Begrifflichkeit für Gerechtigkeit/Gemeinschaftstreue beschäftigte er sich mit semantischen und methodischen Fragestellungen. So verfasste er das weit verbreitete Lehrbuch „Was ist Formgeschichte“ und untersuchte als erster das Buch Amos mit den „Methoden einer strukturalen Formgeschichte“. Die Ergebnisse seiner Arbeiten an den Prophetenbüchern fasste er in zwei allgemeinverständlich geschriebenen Urban-Taschenbüchern unter dem Titel „Die Profeten“ zusammen – die Wiedergabe des griechischen Konsonanten phi durch ein „f“ statt des üblichen „ph“ wurde zu einem seiner Markenzeichen.
Ein wichtiges Anliegen seiner Forschung ist die Integration religionsgeschichtlicher Erkenntnisse der altorientalischen Nachbarkulturen in die Rekonstruktion der Religionsgeschichte Israels. Damit setzte er die Bemühungen der religionsgeschichtlichen Schule fort und sich selbst von der in den 1950er und 60er Jahren noch herrschenden dialektischen Theologie ab. Wenn es heute in der alttestamentlichen Forschung common sense ist, dass religionsgeschichtliche Vergleiche zur Erhellung der Aussagen biblischer Texte anzustellen sind, ist das auch ein Ergebnis der vielfältigen Arbeiten Kochs. Er beschäftigte sich mit syrischen, phönizischen, kleinasiatischen, assyrischen und vor allem ägyptischen Texten; Höhepunkt war 1993 eine 700seitige Religionsgeschichte des alten Ägypten.
Ein weiterer wichtiger Aspekt seines Denkens ist seine Beschäftigung mit dem biblischen Danielbuch und der Apokalyptik. Für den renommierten „Biblischen Kommentar“ begann er eine breite Darstellung dieses Buches, flankiert von einer Fülle wichtiger Aufsätze zu Einzelthemen und hochkomplexen Synopsen zur Texterschließung. Als in den 1980er Jahren die Texte aus Qumran zugänglich wurden, konnte Koch sein Bild der apokalyptischen Traditionen Israels auf eine viel breitere Textbasis stellen; es wird bis heute weltweit von der Forschung diskutiert.
Die Beschäftigung mit den apokalyptischen Texten führte Koch dann auch dazu, den Methodenkanon der alttestamentlichen Wissenschaft um die Dimension der Rezeptionsgeschichte zu erweitern. Der Sinn eines biblischen Textes lässt sich ja nicht einfach nur auf seine Entstehungssituation festlegen, sondern unter veränderten Verstehensbedingungen erschließen sich andere Aussagegehalte desselben Textes. Daher hat das Alte Testament für Koch nicht einfach nur eine logische Fortsetzung im Neuen, sondern es gibt einen „doppelten Ausgang“ in Judentum und Christentum. In diesen Religionen (und ihren Konfessionen) wird das Sinnpotential der biblischen Texte auf unterschiedliche Weise aktualisiert. Solche Rezeptionen der Texte nachzuvollziehen und zu erklären, gehört für Koch zur Aufgabe des Exegeten hinzu; er selbst hat es exemplarisch an der Bedeutung der Geschichtserwartungen des Danielbuches für die Idee Europas durchgeführt.
Klaus Koch ist wegen seiner interdisziplinären Arbeiten weit über die Grenzen des eigenen Faches hinaus bekannt; er wurde Mitglied der Joachim-Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften und war mehrfach Berater der EKD. Nach der politischen Wende in der DDR wirkte Koch über Lehrstuhlvertretungen in Rostock und seine Tätigkeit in der Ehrenkommission des Landes Mecklenburg-Vorpommern am Umbau des ostdeutschen Universitätssystems mit. Als Hochschullehrer war er beliebt. Er engagierte sich sehr für Doktoranden aus anderen Kulturkreisen, besonders aus Indien.
Der Fachbereich Evangelische Theologie der Universität Hamburg wünscht ihm zu seinem hohen Geburtstag reichen Segen.